Skip to main content

Freiwillige Aufmerksamkeit - der Wunsch jedes Hundehalters

und warum du darüber nachdenken solltest

 

Lieber Hundefreund,

wer kennt das nicht? Kaum ist man mit seinem Hund draußen, schon ist man abgemeldet. Der Hund schnüffelt überall und hängt sich entweder an jedem Grashalm fest oder legt ein Tempo vor, dem man kaum standhalten kann. Überall gibt es Gerüche und Geräusche, die deinen Hund schier unantastbar machen und deine Signale und Rufe verschallen im Rauch. Wie schön wäre es doch, wenn dein Hund und du als Team draußen in der Natur sein könntet und dein Hund einfach automatisch immer mal wieder innehält und nach dir schaut oder sogar zu dir zurückkommt. Hach - lass uns doch einfach weiterträumen - oder mit einem kritischen Auge dieses Thema begutachten...

Warum willst du, dass dein Hund sich eigenständig öfters an dir orientiert?

Stella Wald

Ist es die bindung?

Wir Menschen neigen dazu, das Thema "Bindung" über alles zu stellen. Hat unser Hund starkes, jagdliches Interesse, dann ist deine Bindung zu deinem Hund schlecht. Hat er Angst und nimmt die Sache dann lieber selbst in die Hand, vermutest du eine schlechte Bindung von deinem Hund zu dir. Wir machen viel an "Bindung" fest - und glauben, dass Hunde, die sich viel an ihrem Menschen orientieren, eine gute Bindung haben. Schaut uns also unser Hund einfach von sich aus beim Gassi mit den vielen Verlockungen an, glauben wir, dass wir eine gute Bindung haben und fühlen uns damit sicher und wohl. 

Doch das ist völliger Quark. Nur, weil dein Hund draußen seinen Interessen nachgeht, heißt das nicht, dass er keine Bindung zu dir hat. Er kann sich auch bei dir wohlfühlen und sich sicher sein, dass du auf ihn aufpasst und entsprechend ausgiebiges Umwelterkunden zeigen.

Ein Hund, der ständig nach dir schaut, hat wiederum nicht automatisch eine gute Bindung zu dir. Denn hinter diesem Verhalten kann auch Unsicherheit stecken. Entweder hat er Sorge, dich aus den Augen zu verlieren oder er fühlt sich in der Situation unsicher und benötigt Hilfe - beides empfinde ich nicht als wünschenswert für meinen Hund!

Glaubst du an liebe?

Wenn dein Hund dich anschaut, obwohl er gerade viel wichtigeres zu tun hätte - ist das Liebe? Zeigt er dadurch seine Zuneigung? Oder steckt doch etwas anderes dahinter? Wir fühlen uns toll, wenn wir die oberste Rolle spielen, sei es in der Mensch-Mensch- oder in der Mensch-Hund-Beziehung. Schenkt uns jemand seine Zeit und Aufmerksamkeit, fühlen wir uns geliebt.

Aber glaubst du wirklich, dass dein Hund sich nach dir umdreht, weil er dich liebt? Oder möchte er nur wissen, ob er für seinen Aufwand eine tolle Belohnung bekommt? Oder will er kontrollieren, ob du noch anwesend bist? Mach dich von diesem Gedanken frei - denn unweigerlich würde es ja bedeuten, dass dein Hund dich nicht liebt, wenn du draußen abgemeldet bist. Ähnlich wie dein Partner dich trotzdem liebt, obwohl er seinen Hobbies nach geht!

Vertrauen ist gut, kontrolle ist besser - oder?

Wenn sich unser Hund nach uns umdreht, ist seine Aufmerksamkeit auf uns gerichtet. Signale oder Rufe würden von ihm wahrgenommen und im besten Falle auch ausgeführt werden. Somit gibt dir dieses freiwillige Umdrehen ein sicheres Gefühl. Du hast die Kontrolle über deinen Hund - ein fataler Trugschluss! Denn nur, weil du für 5 Sekunden die Aufmerksamkeit deines Hundes hattest, heißt das nicht, dass er nicht in den nächsten 3 Sekunden dem Reh hinterherjagt, den sichtbar gewordenen Artgenossen angreift oder den Jogger schneller macht. Nur, weil dein Hund dich für einen Augenblick anschaut, hast du nicht automatisch Kontrolle über ihn. Wenn du dich mit Kontrolle besser fühlst - lass deinen Hund einfach an der Leine. 

Die Krux mit der freiwilligen Aufmerksamkeit Abby Wald

Ja, wir können dafür sorgen, dass unser Hund öfters nach uns schaut. Aber vor allem für Hunde, die einige Baustellen haben, ist das weniger förderlich. Denn:

  • der Aufmerksamkeitswechsel kostet Energie, die dein Hund vielleicht an anderer Stelle besser bräuchte
  • die freiwillige Aufmerksamkeit ist nur dann für beide Parteien schön, wenn dein Hund jedesmal eine Belohnung bekommt
  • Geht die Anstrengung für deinen Hund ins Leere, kann das sehr frustrierend sein - ebenfalls unförderlich für die nächste Begegnung mit dem Erzfeind
  • Du musst ständig auf deinen Hund achten, um eben diesen Aufmerksamkeitswechsel honorieren zu können
  • Und wie sagst du deinem Hund, dass es dir völlig reicht, wenn er alle 5 Minuten mal kurz bei dir andockt? Was ist zu viel und was zu wenig?
  • Wenn die Umgebung für deinen Hund langweilig ist, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass dein Hund permanent zu dir schaut - ist ja schließlich einfach - aber deswegen kann er sich trotzdem nicht an dir orientieren, wenn die Situation schwierig wird 

 
Wie ein guter Deal aussehen kann 

Was wollen wir denn eigentlich? Wir möchten, dass unser Hund auf uns hört, auf dem Weg bleibt, abrufbar ist, und andere Natur-Genießer in Ruhe lässt. Wir möchten doch aber sicher auch, dass unser Hund seinen Spaß hat, seinen Interessen nachgehen kann und sich entspannt und wohl fühlt. Deinem Hund fällt es leichter, auf Rituale zu reagieren und Gewohnheiten zu lernen. Zum Beispiel gehen wir immer auf die Seite, wenn uns jemand entgegen kommt. Wenn wir ein Reh hören oder riechen, bleiben wir stehen (statt loszupreschen). Für deinen Hund ist es deutlich einfacher, Umweltreize als Auslöser für bestimmtes Verhalten zu lernen, als unwillkürlich und ohne feste Kriterien nach dir schauen zu müssen. Das bedeutet für dich:

  • Lege Kriterien fest, wann dein Hund sich zu dir orientieren soll - z. B. wenn ein anderer Hund auftaucht, wenn es im Gebüsch geraschelt hat, wenn dir Menschen entgegen kommen, und so weiter
  • Sobald dieses Kriterium, bzw. dieser Reiz auftaucht, feierst du deinen Hund und belohnst ihn, denn dadurch baut dein Hund eine Erwartungshaltung in dieser Situation auf
  • Nach einigen Wiederholungen wird dein Hund erwartungsvoll zu dir schauen, wenn er eines der Kriterien entdeckt hat. Das sollte natürlich dann ebenfalls gebührend gefeiert werden

Und wenn dein Hund dich einfach so anschaut, dann solltest du das auch honorieren. Es muss ja nicht immer die mega-hochwertigste Belohnung sein. Aber mindestens auf einer sozialen Ebene, wie ein verbales Lob, ein freundliches Lächeln - das tut nicht weh und vermeidet Frustration. 

 

 

Viele Grüße 
Susanne Bretschneider
von
Partner for Paws

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.