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3 Mythen über aufgeregte, nervöse Hibbelhunde

 
Mythos 1 - Sie sind unerzogen 

Sie bellen alles an, sie ziehen an der Leine und sind einfach nicht ansprechbar. Sie reagieren nicht auf Signale und wenn sie sitzen - dann kurz. Ganz kurz. Vielleicht für 2 Sekunden. 

Sie hören einfach nicht - also sind sie unerzogen?!

Nein - sie sind nicht unerzogen

Zuerst einmal sollte man sich anschauen, was ein Hibbelhund überhaupt ist - denn es gibt nicht DEN Hibbelhund. DEN nervösen Hund. Meistens sind es Hunde, die sehr schnell auf ihre Umwelt reagieren, oftmals unsicher sind und sich schnell bedroht fühlen. Ihr Stresslevel ist erhöht, was dazu beiträgt, dass diese Hunde schnell in der Bewegung sind - und wir Menschen zu langsam für sie. Dadurch ziehen sie oft an der Leine. 

Wer Angst vor seiner Umwelt hat, kämpft dauerhaft ums Überleben - wo ist die Gefahr, wo lauert der nächste Feind. In solch einem Fahrwasser bleibt kein Raum für Reaktion auf menschliche Signale, die oft aus hundlicher Sicht unpassend sind.

Gestresste "Hibbelhunde" sind also nicht unerzogen - sie haben ein Problem mit ihrer Umwelt!

Mythos Nummer 2 - Hibbelhunde müssen Impulskontrolle lernen, in dem sie Frust aushalten

Menschen von reaktionsfreudigen Hunden neigen dazu, Kontrolle über ihre Hunde bekommen zu wollen, in dem sie viele Impulskontroll-Übungen machen, z. B.:

  • lange vor dem Futternapf warten müssenEntspannungssignale
  • Sitzen und dem fliegenden Ball hinterher schauen müssen, statt direkt los zu starten
  • Überhaupt muss der Hund immer erst einmal sitzen
  • Leckerlis um den Hund legen, und erst auf Befehl aufstehen und fressen dürfen
  • Dauernd an kurzer Leine gehen müssen, und so weiter und so fort
Nervöse Hunde brauchen keine Impulskontroll-Übungen - sie brauchen Strategien!

Statt völlig situationsfremd Impulskontrolle auszureizen, solltest du dir lieber genau anschauen, in welchen Situationen dein Hund so aufgeregt ist und wie du ihm hilfst, genau diese Situation hundgerecht zu bewältigen.

Alternativen, Entspannungssignale, Rituale sind nur 3 Stichwörter im gewaltfreien Umgang mit sogenannten Hibbelhunden!

Mythos Nummer 3 - der hat halt so einen Charakter, du musst ihn nur ausreichend müde machen

Ich erlebe es oft, dass Halter von aufgeregten und nervösen Hunden viel Fahrradfahren, Joggen, Ball spielen bis zum Umkippen - um den Hund körperlich zu erschöpfen - weil er dann müde ist und entsprechend langsamer. 

Allerdings ist der Körper sehr anpassunsfähig - und dein Hund baut entsprechend Muskulatur und Ausdauer auf.

Je mehr du deinen Hibbelhund konditionell auslastest, desto aktiver wird dein Hund draußen. Nicht nur, weil er fitter wird, sondern auch, weil er draußen mit Rennen und Gasgeben verknüpft!

Statt deinen Hund dauernd in Bewegung zu halten, damit er am Ende des Tages die Pfoten hochreißt, solltest du genau das Gegenteil fördern! Entspannung, Erkundung in naher Umgebung.

Entschleunigung und den Fokus von "Feind in der Ferne" hin zu "der Grashalm vor der Nase" sind wichtige Bausteine im Umgang mit einem Hibbelhund!

 

Deine Strategien im Umgang mit deinem aufgeregten und nervösen Hund 

Weg mit den Etiketten!

Statt deinem Hund das Etikett von "unerziehbar" "nervöser Charakter" "Hibbelhund" aufzukleben und entsprechend in die Schublade zu stecken, schaue dir an

  • in welchen Situationen hat dein Hund Stress und warum?Flip_buddelt.jpg
  • Welches Bedürfnis erfüllt er sich mit seinem "unangemessenen" Verhalten und welche Alternative würde passen
  • Üben der Alternativen und zwar gewaltfrei!
Bedürfnisse, Lebensumstände, Hobbys - die 5 Säulen des Enrichments

Alle Hunde haben unterschiedliche Bedürfnisse in unterschiedlichen Lebensbereichen. Ist die Lebensqualität deines Hundes wirklich hundgerecht? Schau dir folgende Bereiche mal genauer an und hinterfrage dich "werde ich in diesem Aspekt meinem Hund wirklich gerecht?":

  1. Ernährung: Erhält mein Hund wirklich alle wichtigen Nährstoffe. Passt die Ernährung zu meinem Hund, oder bereiten ihm Nahrungsmittel Bauchschmerzen. Gibt es Unverträglichkeiten, die für nervöses Verhalten eine Rolle spielen? Und: Kann mein Hund sein Fressen arttypisch verspeisen? Darf er beim Fressen seine arttypischen Verhaltensweisen ausleben - oder gibst du ihm das Fressen nur aus dem Napf?
    Falls du übrigens Inspiration für kreatives Füttern brauchst: Hier habe ich eine Facebook-Gruppe mit wahnsinnig tollen Ideen und Inspirationen *klick*
  2. Umwelt: Hat mein Hund genügend sichere Rückzugsorte und kennt diese auch als Strategie, hat er genügend Möglichkeiten zur Umwelterkundung in seinem Tempo und erhält er ausreichend Stimulation (neue Wege - Untergründe - Beobachten dürfen). Hat er Ängste in seiner Umwelt und wie oft muss er "dadurch"?
  3. Gesundheit: Hat mein Hund vielleicht Schmerzen, die ursächlich für sein Verhalten sind? Schnelle Diagnosen, die richtige Behandlung sind hier das A und O! Ebenso aber auch der Tierarztbesuch - kann mein Hund den Besuch verkraften (Medical Training)? 
  4. Entscheidungsfreiheit und Kontrolle: Wo kann ich meinem Hund Entscheidungen überlassen? Wege, Tempo, Kauartikel, Spiel, Nein-Sagen dürfen - wir Menschen sind die eigentlichen Kontrolletis dieser Welt. Uns fällt es unheimlich schwer, unsere Hunde "loszulassen" und sie in ihrem Leben mitentscheiden zu lassen. Dabei bestimmen wir den Großteil des Tages über unseren Hund: Aufstehen, Fütterungszeit, Leinenlänge, Soziale Zuwendung und Interaktion, Gassizeit und Länge und Tempo, und so weiter. Wir würden unseren Hunden so viel Lebensqualität geben, wenn wir sie in ihren individuellen Bedürfnissen berücksichtigen und selbstbestimmt wählen lassen würden, dort wo es geht und niemand gefährdet wird.
  5. Emotionale Zustände: Hand aufs Herz! Wie oft flippt dein Hund am Tag aus? Wie oft wird er gemaßregelt, gegängelt (tu dies nicht, tu das nicht. Komm endlich weiter! Lass das! Nein!) und wie oft geht es deinem Hund emotional wirklich gut? Und wenn es ihm schlecht geht - hat er Strategien? Es ist klar, dass dein Hund im Tagesverlauf deutlich mehr positive Stimmung haben sollte, oder?20160809 150937

Fazit

Hibbelhunde brauchen einen genauen Blick auf ihren Alltag. Was stresst sie, wo fühlen sie sich bedroht und wo können wir für mehr Lebensqualität sorgen? Hat der Hund die Balance zwischen Erregung und Entspannung und hat er die Möglichkeit, sich nach stressenden Situationen schnell zu erholen? Dreht man an all den kleinen Schräubchen, werden unsere nervösen Hunde sicherer, ruhiger, entspannter und damit auch dein Alltag erträglicher.

Du musst dich nicht damit abfinden - dein Hund aber auch nicht:

 

    

 Viele Grüße 
Susanne Bretschneider
von
Partner for Paws
Deine Expertin für Hunde aus dem Tierschutz

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